Montag, 8. November 2010




Wie wir der Winter 2010-11 Teil 1

8. November 2010
Eine erste Einschätzung zum Winterwetter 2010/11
(Quelle;  http://www.metheo.ethz.ch)

Im Laufe des Novembers treten im Internet immer wieder Langfristprognosen zum kommenden Winter auf. Natürlich sind diese dann spektakulärer, wenn ein aussergewöhnlich milder oder ein eisigkalter Winter prophezeit wird. Dieses Jahr zeigen die aus skurrilen Quellen stammenden Winterprognosen alle das gleiche: Es soll ein Eiswinter, ein Jahrhundertwinter oder gar ein Jahrtausendwinter geben. Was ist dran, an diesen Verschwörungen und wie sieht die Lage kurz vor dem meteorologischen Winter in Wirklichkeit aus?

 

Temperaturen im Wetterjahr 2010 bisher moderat 
Fakt ist, dass die Temperaturen in den letzten Monaten keine Höhenflüge mehr gemacht haben. Der September und der Oktober waren auf dem Zürichberg jeweils um 0,6 Grad kühler als jene aus den Jahren 1961 bis 1990. Zusammen mit dem kalten Januar und dem kühlen Mai sind bisher bereits vier Monate des laufenden Jahres unterkühlt. Verglichen mit der Referenzperiode 1961 bis 1990 waren die letzten 12 Monate nur gerade 0,6 Grad zu warm. In der Zeit der globalen Erwärmung schon beinahe kühl, wenn wir es mit den vergangenen Jahren vergleichen. Das laufende Jahr 2010 ist bis zum aktuellen Zeitpunkt um 0,45 Grad zu warm. Dieser Wert kann natürlich mit dem November und Dezember noch in beide Richtungen kippen! Die Wetterpropheten im Internet blicken zurück auf den vergangenen Winter, der mit durchschnittlich 0 Grad im Schweizer Mittelland um einige Zehntelgrade zu kalt ausfiel, beobachten den aktuellen Verlauf der Temperaturen, der wie gesagt heuer auch immer wieder zu kalte Monate brachte und schliessen dann einfach daraus, dass der kommende Winter eisigkalt werden soll. Natürlich funktioniert das nicht so einfach. Um zu verstehen, welche Witterungsmuster unser kommendes Winterwetter bestimmen, müssen wir unser Blickfeld auf die globale Skala erweitern.
 

La Niña und schwache Arktische Oszillation
 Zwei grossräumige Wetterphänomene werden in den kommenden Monaten einen entscheidenden Einfluss auf unser Winterwetter nehmen. Das eine finden wir im Pazifik, wo sich der Ozean vor der Westküste Südamerikas seit diesem Sommer markant abkühlt. Dieses Phänomen ist gut bekannt und wird als La Niña bezeichnet. Die umgekehrte Situation ist das häufiger bekannte El Niño-Phänomen, welches eine deutliche Erwärmung des Ozeans vor der Westküste Südamerikas auslöst. Diese Phänomene sind so einschneidend, dass ihre Auswirkungen praktisch auf dem ganzen Globus auf irgendeine Art und Weise spürbar sind. Also auch in Mitteleuropa. Generell wärmt ein El Niño auf globaler Skala, während eine La Niña die globalen Temperaturen etwas dämpft. Die lokalen Einflüsse sind aber komplexer. Der letzte El Niño setzte Mitte 2009 ein und dauerte bis Mitte 2010, als er praktisch nahtlos in die La Niña überging, welche sich bis anfangs 2011 weiter verstärken dürfte. Wenn wir nun alle Beispiele aus dem Wetterarchiv aufsuchen, als ein El Niño kurz vor Winterbeginn (auf der Nordhemisphäre) in eine La Niña überging, kann man vielleicht daraus das Witterungsmuster des darauf folgenden, europäischen Winters ableiten. Tatsächlich zeigen sich interessante Erkenntnisse. Seit 1950 sind nur vier solche Ereignisse bekannt. In drei Fällen folgte in Mitteleuropa und der Schweiz ein sehr milder Winter, nämlich 1973/74, 1988/89 und 1998/99. Im Winter 1995/96 war der folgende Winter jedoch zu kalt. Vor allem der Januar war in Wintern, als es von El Niño zu La Niña wechselte jeweils deutlich zu mild. Der Dezember zeigte kaum Abweichungen und der Februar war ebenfalls leicht zu warm. Wird es dieses Jahr ähnlich? Die aufblühende La Niña wird diesen Winter aber nicht der einzige Protagonist auf der Weltklimabühne sein. Die Arktische Oszillation wird auch einen wichtigen Anteil zum Winterwetter 2010/11 leisten. Sie beschreibt die atmosphärischen Druckverhältnisse über der Arktischen Region, welche zwischen zwei grundverschiedenen Mustern oszilliert. In der positiven Phase der Oszillation herrscht über der Arktis tieferer Luftdruck als üblich und über den angrenzenden Regionen höherer. Bei dieser Konstellation ist das polare Hochdruckgebiet weniger stark ausgeprägt, so dass die kalten Luftmassen in der Polarregion eingeschlossen bleiben. Bei der umgekehrten, der negativen Phase der Oszillation, ist der Luftdruck über der Arktis grösser und in der Umgebung tiefer als üblich. Das polare Hoch ist dann stark ausgeprägt und fördert Kaltluftausbrüche nach Süden in die niedrigeren Breiten. Bei einer stark negativenArktischen Oszillationhemmen die polaren Ostwinde die übliche Westwindzirkulation. Dies war letzten Winter der Fall, als immer wieder Kaltluftvorstösse aus dem arktischen Raum nach Europa vordringen konnten. Seit den Tiefstwerten der Arktischen Oszillation im letzten Winter kam die Strömung auch während des ganzen Jahres nie richtig auf Touren. (Die zonale Westströmung über Europa kommt nicht richtig in Fahrt.) Im Winter hätte dies spürbare Auswirkungen, da dann schlicht die milde Atlantikluft bei uns in Mitteleuropa fehlt, so dass die kalten Luftmassen aus dem Nordosten sich in Mitteleuropa festsetzen könnten.


La Niña und die Arktische Oszillation sind bekannte Variationen des Weltklimas. Das Auftreten bereits eines einzelnen von ihnen kann extreme Wettererscheinungen auf dem Globus verursachen. Zusammen werden sie das Wettermuster des Nordwinters 2010/11 dominieren. Im letzten Winter verursachte der El Niño in Kombination mit der negativen Arktischen Oszillation starke Schneefälle über Nordamerika und in Europa. Dies dürfte diesen Winter anders sein. Der Jetstream verlief im vergangenen Winter sehr südlich und rückte teilweise bis zu den Azoren vor, ausgelöst durch ein massives, blockierendes Hochdruckgebiet über Grönland. Eine ähnliche Konstellation löste die eisigen Winter in den 1940er Jahren aus. Wird es dieses Jahr ähnlich? Wir stöbern erneut im Wetterarchiv und suchen alle Jahre, die einerseits durch eine negative Arktische Oszillation sowie durch eine La Niña im Winter bestimmt wurden. Es zeigt sich, dass berühmte Kalt- oder sogar Eiswinter wie 1955/56, 1962/63, 1970/71 oder 1995/96 durch diese Konstellation bestimmt waren. Während jeweils der Dezember und Januar noch nicht stark negative Abweichungen brachten, war dann vor allem der Februar eisig kalt.
Zusammengefasst muss man festhalten, dass die derzeitige globale Konstellation an Kaltwinter aus der Vergangenheit erinnern. Wobei vor den berühmten Kaltwinter die La Niña bereits längere Zeit etabliert war und nicht wie jetzt aus einem El Niño hervorgeht. Der Modenwechsel im Pazifik würde nämlich eher auf einen milden Winter in Europa deuten. Klar scheint, dass der Westwind bis im Dezember aus dem Sommerschlaf aufwachen muss, ansonsten steigt die Chance auf einen kalten Winter von Tag zu Tag.




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